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Testen – Prüfen – Messen – Zählen
Die Homepage von H.-T. Schmidt

Immer wieder habe ich festgestellt, dass es Unklarheiten über die Begriffe der Messtechnik gibt. Daher fasse ich hier einmal zusammen:

Was ist Messen? - Was ist Prüfen? - Was ist Testen? - Was ist Zählen?

Fragen und Antworten aus der Messpraxis mit Röhrenprüfgeräten.

Warum ist das Neuberger RPM370 ein Messgerät, obwohl die Spannungen nicht stabilisiert sind?
Die Stabilisierung erfolgt manuell durch stetiges Nachregeln der Spannungen (Beim RMP400 erfolgt dies sogar automatisch). Die Genauigkeit ist auf die der verwendeten Bauteile beschränkt. Für eine einzelne Spannung liegt sie bei 1,5%; in der Summe aller Funktionen bei etwa 5%. Ist die Abweichung grösser, liegt ein Defekt vor. Es können beliebige Röhren nach Herstellerangaben gemessen werden.

Sind alle Neuberger-Röhrenprüfgeräte Messgeräte?
Nein, nur mit statischen Röhrenmessgeräten können Messungen durchgeführt werden. Es gibt eine Reihe anderer und älterer Neuberger-Modelle, die nicht für Messungen geeignet sind, ja sogar Röhren beschädigen können. Im Gegensatz zu Funke, die an ihrem Patent festhielten, baute Neuberger Röhrenprüfgeräte nach immerhin fünf verschiedenen Test-, Prüf- und Messverfahren, wobei nur zwei die Zeit überdauerten (Leistungsprüfung und statische Messung).

Wofür sind die Funke-Röhrenprüfgeräte gedacht?
Max Funke entwickelte in den 30er Jahren sein sehr erfolgreiches Röhrenprüfgerät und liess es patentieren. Es prüft den Anodenstrom mit festen Gleichspannungen und Steuergitterspannung Null. Das Steuergitter kann zum Testen seiner Wirkung auf -2 V umgeschaltet werden. Ausserdem hat es eine Elektrodenschlussprüfvorrichtung. Die meisten Einstellungen werden mit Hilfe von Karten vorgenommen. Die Funke-Prüfgeräte wurden mit Hinsicht auf den Röhrenabsatz und leichter Bedienbarkeit in grosser Stück- und Variantenzahl und wenig verändert über Jahrzehnte gebaut. Die Einfachheit und der günstige Preis sorgten für eine sehr starke Verbreitung. Der Kunde wollte eben sehen, ob eine Röhre beim Kauf in Ordung war. Es wurde die passende Karte aufgelegt und meistens landete der Zeiger im grünen Bereich; Kunde und Händler waren zufrieden. Es war also das typische Ladentischgerät, dass vom technisch unbedarften Verkäufer bedient werden konnte. Für eine erste Einschätzung des Röhrenzustands sind diese Geräte gut geeignet, zudem sie leicht und fehlerfrei zu bedienen sind. Leider sind die Werte für die Karten von der Firma Funke selbst empirisch anhand von Musterröhren ermittelt worden. Die Angaben auf den Karten sind nicht nachvollziehbar, und sogar teilweise fehlerhaft (Beispiel Systemeinstellungen: AZ1, AZ11). Für qualifizierte Messungen (Kennlinie, "matchen"), wie sie manche durchführen möchten, ist das Gerät wenig geeignet. Die Funke-Besitzer sollen auch mal die tatsächlichen Spannungen an den Röhren nachmessen, und mit den Prüfwerten vergleichen, die auf den Karten abgedruckt sind -- Sie werden staunen. Es sind nämlich nur die Steckkontakte angegeben.
Zur Kennlinienaufnahme ist eine externe Spannungsquelle nötig und auch weitere Messgeräte für die Überwachung der positiven Gitterspannungen. Komplizierter wird es dann, wenn die angelegten Spannungen geregelt werden sollen. Das ist notwendig, wenn die drei klassischen Röhrenparameter* ermittelt werden sollen, da ein Parameter immer konstant gehalten werden muss. Spätestens hier wird das Funke-Gerät dann zum Netzgerät mit Fassungsumschalter. Es käme letztendlich dann wieder das Messprinzip der statischen Röhrenmesser heraus. Im Lieferzustand ist das Funkegerät nur schwerlich in der Lage Kennlinien aufzunehmen (und ist auch nicht dafür gedacht).
Übrigens baute auch Neuberger Ladentischgeräte, die aber nach dem Leistungsprüferprinzip arbeiteten (zB. RP 270). Das Prinzip der Einstellung mit Karten wurde bei Neuberger für Leistungsprüfer und neuere statische Röhrenmessgeräte angewendet.

Wie genau muss ein Röhrenmessgerät arbeiten?
Für ein Messgerät gilt natürlich, dass nicht nur ein Messwert angezeigt wird, sondern auch bekannt ist, wie groß die Fehlertoleranz ist. Die statischen Röhrenmessgeräte von Neuberger aus der Nachkriegszeit (RPM 370, RPM 375) haben Drehspulinstrumente mit 1,5% Genauigkeit, bezogen auf den Skalenendwert. Eigentlich wären sie genauer, aber das Ablesen des Wertes von einer relativ kurzen Skala fordert diesen Kompromiss. Dazu kommt noch, dass bei Werten, die weiter vom Skalenende entfernt sind, die Ungenaugkeit ansteigt. Das liegt an der Parallaxe beim Ablesen. Ein halber Skalenstrich Ablesefehler hat am Skalenanfang eine größere Auswirkung als am Skalenende (Dieses Problem wurde übrigens beim 55a elegant gelöst, indem nur 100-%-Werte angezeigt werden). In der Summe bleibt jedoch der Fehler bei den genannten Neuberger deutlich besser als 5%, da die Spannungen stetig nachgeregelt werden.

In Anbetracht dessen, dass normale Röhren eine Fertigungstoleranz von ±20% haben, ist das völlig ausreichend. Natürlich muss das korrekte Arbeiten der Drehspulinstrumente regelmässig überprüft werden.

Übrigens ist der RMP 400 noch etwas genauer, nicht weil er stabilisierte Spannungen hat, sondern weil er größere und hochwertigere Drehspulinstrumente mit Spiegelskala und 1% Grundgenauigkeit benutzt.

*Steilheit, Durchgriff, Innenwiderstand

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