Home Oberspreewerk
Berlin
Die Homepage von H.-T. Schmidt

Die historische Entwicklung des Oberspreewerkes.

Der Beginn des Fernsehens in der DDR.

Die Röhrenfertigung des Oberspreewerkes.

Die vierstelligen Entwicklungsnummern der Produkte.


Gebäudeabbildung aus einem OSW-Röhrenprospekt.

 

Die Entwicklung des Oberspreewerkes kann eigentlich nur verstanden werden, wenn ihr die Ereignisse der Zeit gegenüber gestellt werden. Daher habe ich mich entschlossen beides darzustellen. Auf der linken Seite finden Sie die Zeitgeschichte und rechts die Ereignisse im Werk.

 

Zur Vorgeschichte des Geländes in Berlin Oberschöneweide.

vor 1913: Auf dem Gelände sind verschiedene Firmen beheimatet: Deutsche Messingwerke, DeTeWe (Kabelwerk), Frister GmbH (Schaltvorrichtungen für Gaslaternen), Varta (Akkumulatoren und Elemente), und die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft - AEG mit dem Kabelwerk Oberspree - KWO, der Nationalen Automobil Gesellschaft (seit 1899) und der Transformatorenfabrik Oberspree - TRO. Direktor der AEG war Emil Rathenau (*1838, †1915).

Nachfolger wurde 1915 sein Sohm Walter Rathenau, der auch Außenminister der jungen Weimarer Republik wurde (Juni 1922). Am 16. April 1922 unterzeichnete er den Rapallo-Vertrag, der die Beziehungen zwischen dem II. Deutschen Reich (Weimarer Republik) und der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (Vorläufer der UdSSR) nach dem Ersten Weltkrieg normalisierte.

1913: Beginn der Serienfertigung der Lieben-Röhre im AEG-Kabelwerk Oberspree.
1914-1918: Erster Weltkrieg.

1916-1917: Neubau der Betriebsgebäude der NAG (AEG-Tochter Nationale Automobil Gesellschaft) durch den bekannten Architekten Peter Behrens. Der Bau erscheint sogar aus heutiger Sicht noch futuristisch; Neben einer eigenen Wasserversorgung enthielt er eine zentrale Feuerlöschanlage und ein eingebautes Staubsaugersystem im Verwaltungsgebäude.
1918-1933: Weimarer Republik. 26.4.1922: Ermordung Walter Rathenaus, nur drei Monate Außenminister und zehn Tage nach Unterzeichnung des Rapallo-Vertrages, durch Rechtsradikale.
30.1.1933: Machtergreifung durch die Nationalsozialisten.
1934: Einstellung der Automobilfertigung wegen Konkurrenzproblemen.
Telefunken fertigt hier Großsender und Fernsehempfänger.
1936: Olympische Spiele in Berlin; Beginn des Deutsches Fernsehprogramms.
1938: Gründung der AEG-Röhrenfabrik Oberspree - RFO. Hier werden kommerzielle Röhren gefertigt, auch einige Typen der Radarröhren für die GEMA.
1.9.1939: Beginn des Zweiten Weltkrieges mit dem Überfall auf Polen.
Ab 1942: Bombenangriffe auf deutsche Städte. 1943: Der Fernsehsender Witzleben wird zerstört. Das ist das vorläufige Ende des Deutschen Fernsehens.
Januar 1943: Stalingrad, die Wende des Krieges.
25.4.1945: Amerikanische und Russische Soldaten treffen bei Torgau an der Elbe zusammen. In den besetzten Gebieten beginnt die Demontage von hochwertiger Technik. Wichtige Ingenieure und Forscher werden in die jeweiligen Besetzerländer gebracht.
30.4.1945: Hitler begeht Selbstmord.
2.5.1945: Die Sowjets beenden die Kämpfe um Berlin.
9.5.1945: Kapitulation der Deutschen Wehrmacht.
28.5.1945: Der amerikanische Präsident beschliesst die Räumung von Thüringen und Sachsen gemäss dem Abkommen von Jalta. Wichtige Fabriken, beispielsweise das Telefunkenwerk in Erfurt oder die unterirdische Raketenfabrik in Nordhausen werden teilweise demontiert. Ähnliches gilt auch für die Röhren- und Gerätefabriken im sowjetisch besetzten Berlin.
5.6.1945: Deutschland wird in vier Besatzungszonen aufgeteilt, Berlin in vier Sektoren. In den zerstörten Städten herrscht der Hunger. Viele Männer im wehrfähigen Alter sind verwundet, gefangen oder tot. Es fehlt praktisch an Allem. Die Wirtschaft ist zusammengebrochen; gültiges Zahlungsmittel auf den Schwarzmärkten ist die Zigarette. Mit einen bemerkenswerten Gemeinsinn beginnen Frauen die Trümmer weg zu räumen.
9.6.1945: Die Sowjetische Militäradministration - SMAD wird gegründet.
11.7. 1945: Die interalliierte Militärkommandantur nimmt in Berlin die Arbeit auf. Das ist der Beginn der Viermächteverwaltung Berlins.

 

 

Die Gründung des
Labor-Konstruktions-Versuchswerk-Oberspree - LKVO.

In den ersten Nachkriegsjahren gab es Wissenschaftlich-Technische-Büros - WTB der SMAD, die die Forscher, Ingenieure und Gerätschaften konzentrieren sollte.
16.7.1945: Das Labor-Konstruktions-Versuchswerk Oberspree - LKVO wird durch die 7. sowjetische Hauptverwaltung Moskau der SMAD gegründet. Die LKVO war ein wissenschaftliche Industriebetrieb in den Räumen des ehemaligen Röhrenwerks der AEG. Der erste Betriebsleiter war der Telefunken-Röhrenkonstrukteur Dr. Karl Steimel, technischer Leiter Oberstleutnant Boldyr und der sowjetische Betriebsleiter Major Wildgrube. Die Belegschaft wuchs innerhalb eines Jahres auf 2000 Mitarbeitern, überwiegend Physikern, an. Das war eine ungewöhnlich hohe Konzentration von Spitzenkräften der ehemaligen Berliner Elektroindustrie. Viele dieser Mitarbeiter gingen zur weiteren Arbeit in die UdSSR.

Eine Fertigung war nur in sehr bescheidenen Rahmen möglich und wurde von der Not bestimmt. So wurden beispielsweise Glühbirnen für den Eigenbedarf und für die Mitarbeiter gefertigt - die gab es gerade nicht. in erster Linie für die Sowjets wurden aber auch Röhren und Meßeinrichtungen hergestellt. Dabei wurde von Anfang an das Hauptaugenmerk auf optoelektronische Vakuumbauelemente, wie Bildaufnahme- und -wiedergaberöhren gelegt.

17.7.-2.8.1945: Auf der Potsdamer Konferenz zeichnet sich der Beginn des Kalten Krieges zwischen West und Ost ab.
6.8.1945: Amerikaner werfen die erste Atombombe auf die japanische Stadt Hiroshima ab. Drei Tage später folgt eine weitere auf Nagasaki.
14.8.1945: Bereitschaft zur Kapitulation Japans, die am 2.9.1945 vollzogen wird. Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende.
30.8.1945: In Berlin wird der alliierte Kontrollrat gegründet.

 

 

Die Umbenennung in Oberspreewerk - OSW.

Sommer 1946: Umbenennung des LKVO in Oberspreewerk - OSW und Umwandlung in eine Sowjetische Aktiengesellschaft - SAG.
Herbst 1946: Rund 230 Mitarbeiter mit ihren Familien werden gezwungen in die Sowjetunion zu gehen. Viele von Ihnen kamen Jahre später wieder zurück, um die Elektronikindustrie der DDR zu unterstützen.
24.6.1948-12.5.1949: Blockade Westberlins durch die Russen und die Versorgung der Stadt durch eine Luftbrücke der Westalliierten.

23.5.1949: Verkündung des Deutschen Grundgesetzes in der (westlichen) Trizone. Gründung der Bundesrepublik Deutschland - BRD.

20.6.1949: Die Währungsreform in der BRD beendet die grassierende Inflation und den Schwarzmarkt. Drei Tage später folgt die Sowjetisch besetzte Zone - SBZ.

7.10.1949: Gründung der DeutschenDemokratischen Republik - DDR.

Dieses Inserat aus der Funktechnik 1947 zeigt, daß viele verschiedene Fachkräfte gesucht wurden.

Man vergass auch nicht, auf eine eigene Werksküche hinzuweisen, denn die Ernährungslage war immer noch angespannt.

1948-50: Fertigung der Oktalröhren der Amerikareihe.
1950: Serienfertigung der 9"-Bildröhre für den Leningrad-Fernseher, der als Reparation in die UdSSR geliefert wurde.

 

 

Die Umbenennung in Werk für Fernmeldewesen - HF.

1.7.1951: Umbenennung des Oberspreewerk - OSW in Werk für Fernmeldewesen - HF. Zusammenschluss mehrerer Firmen im gleichen Haus. In dem Werk wurde jetzt auch hochfrequenztechnische Geräte gebaut, so beispielsweise Meßgeräte, Sender und Elektrometerröhren.
ab 1951: Das Wirtschaftswunder beginnt in der BRD. Der kalte Krieg verschärft sich, und die Grenzübertritte zwischen den beiden Blöcken werden schwieriger. In der DDR tritt der erste Fünfjahresplan in Kraft.
Weihnachten 1952: Fernsehstart des NWDR von einem Hamburger Bunker. 1.5.1952: Beendigung der Sowjetischen Führung und Umwandlung in einen Volkseigenen Betrieb - VEB.
17.6.1953: Aufstand der Ostberliner Arbeiter um freie Wahlen durchzusetzen und wegen der hohen Reparationsleistungen, gewaltsam niedergeschlagen. 1953: Das HF im Firmenname entfällt.
1956: Schaffung der Nationalen Volksarmee - NVA in der DDR und der Bundeswehr in der BRD. 1956: Einzelfertigung einer 17"-Bildröhre von Hand.
1957: Beginn der Halbleiterproduktion mit Germaniumdioden.
1958: Im Labor entstehen die ersten Lochmasken-Farbbildröhren.
1959: Gründung eines Bildröhrenwerkes mit eine Kapazität von 11.000 Stück pro Monat.

 

 

Die Umbenennung in Werk für Fernsehelektronik - WF.

1960: Umbenennung des Werk für Fernmeldewesen in Werk für Fernsehelektronik - WF.
13.8.1961: Der Mauerbau in Berlin schliesst die letzte Lücke im Eisernen Vorhang. Im Osten wurde dieses Bauwerk Antifaschistischer Schutzwall genannt - allerdings wollten damals viele Menschen nur von Ost nach West passieren. Der DDR-Führung wurden die Bevölkerungsverluste durch Abwanderung zu hoch. 28 Jahre war es den Ostdeutschen unmöglich, in die westliche Welt zu gelangen.
Oktober 1962: Die Kubakrise bringt die Welt an den Rand eines Atomkrieges. Höhepunkt des Kalten Krieges.
22.11.1963: Ermordung des Amerikanischen Präsidenten J. F. Kennedy.
1965: Fertigung von Siliziumdioden.
1975: Fertigung von Leuchtdioden, Fotodioden, Fototransistoren und Optokopplern.
1980: Fertigung von Flüssigkeitskristallanzeigen.
1983: Die letzte Schwarz-Weiß-Bildröhre läuft vom Band.
1984: Fertigung von Farbbildröhren.
9.11.1989: Der Höhepunkt der friedlichen Revolution in der DDR war die Öffnung der Berliner Mauer.
ab 1990: Stufenweise Einstellung der Röhren- und Halbleiterproduktion. Die Belegschaft wird von rund 9000 auf etwa 1400 reduziert.
Mai 1990: Das firmeneigene Museum Technik im Turm wird eröffnet.
Juni 1990: Gründung der Werk für Fernsehelektronik-GmbH.
3.10.1990: Wiedervereinigung von BRD und DDR. Die Volkseigenen Betriebe werden der Treuhand unterstellt, die sie durch Verkauf privatisieren soll. Jedoch für sehr viele ostdeutsche Betriebe bedeutet die Öffnung nach Westen das wirtschaftliche Aus.
März 1991: Die viermillionste Farbbildröhre läuft vom Band.
1992: Der koreanische Hersteller Samsung übernimmt die Leitung des Farbbildröhrenwerkes.
1993: Übernahme durch Samsung und Umbenennung in Samsung Elektronische Bauelemente GmbH. Das Museum im Turm wird geschlossen und eingelagert.
11.9.2001: Terroranschläge in den USA. Zwei entführte Flugzeuge stürzen in die Zwillingstürme des World Trade Centers und zerstören sie, eine Maschine beschädigt das Pentagon schwer und eine weitere Maschine wird von den Passagieren zum Absturz gebracht, bevor sie Washington erreichen kann. Diese Ereignisse lösen aufgrund der Live-Berichterstattung großes Entsetzen aus. Die Folge sind neue Kriege gegen den Terrorismus, die aber das Ziel nicht erreichen.
2005: Die Nachfrage nach Bildröhren sinkt weltweit, weil vermehrt LCD-Monitore verlangt werden. Das Samsung-Werk schließt zum 31. Dezember. Nach der Abwicklung steht das Werk leer.

 

 

Die vierstelligen Entwicklungsnummern der Produkte.

Anfangs bekamen alle Entwicklungsprojekte in der Reihenfolge des Eingangs in der Registratur eine vierstellige Nummer. Das betraf nicht nur die Röhren, sondern auch die Geräte, die gebaut wurden. Später versuchte man etwas Ordnung in das System zu bringen, indem der zweiten Ziffer eine bestimmte Produktgruppe zugeordnet wurde (1 = Röhren).

Alle Photos auf dieser Seite: Archiv W. Müller, alle Signets: Grafiken von H.-T. Schmidt

zurück Zurück zur DDR-Übersicht Nach oben
Nach oben